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Himmel hilf, der Poppele regiert: So witzig war der Rathaussturm in Singen

Machtübernahme 2024
Quelle: Südkurier Singen, 08.02.2024, Autor: Matthias Güntert
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Die Poppele haben die Stadtspitze abgesetzt und selbst den Rathausschlüssel übernommen. Bei schönstem Wetter war der Rathausplatz randvoll mit Narren. Kein Wunder, schließlich gab‘s eine Krisen-Gemeinderatssitzung.

Das hat gerummst: Die Poppele-Zunft hat die Rathausspitze um Oberbürgermeister Bernd Häusler und Bürgermeisterin Ute Seifried am Schmutzigen nicht nur aus dem Rathaus geworfen. Die beiden Ober-Singener mussten auch gleich noch samt dem Gemeinderat zur außerordentlichen Krisen-Gemeinderatssitzung auf dem Rathausplatz antreten.

Was gehört zur Singener Fasnet wie das weiße Kopftuch zum Rebwieb, wie der Korb zum Eierwieb oder wie die 389 Glöckchen zum Schellenhansele? Richtig, der Rathaussturm am Schmutzigen Dunschtig. Und auch dieses Jahr möchte der geneigte Narr sagen: Eigentlich lief alles wie immer. Er hat verbal gekratzt, gebissen und gespuckt, aber am Ende half alles nichts: OB Bernd Häusler musste abdanken – zumindest bis Aschermittwoch. Die Poppele haben stattdessen das Kommando übernommen.

Zeitlimit für die nächste Sitzung
Die närrische Stimmung ist angespannt, das Finanzloch der Stadt Singen schwebt über dem Rathausbalkon wie ein unsichtbares Damoklesschwert. Zunftmeister Stephan Glunk macht aus seinem Unmut keinen Hehl. „Wer sich ziert, wie etwa de Häusler, das sag‘ ich ganz kess, mit dem machen wir kurzen Prozess“, rief er den Narren zu, die zu Hunderten zur Machtübernahme geeilt war.
Und legt gleich nach: „Das musst Du wissen, das ist gar nicht dumm, eine Sitzung dauert 30 Minuten, dann ist sie rum.“ Das hat gesessen. Vor allem angesichts der Haushaltsdebatte, die immer wieder von ellenlangen Tagesordnungen gestrichen wurde.

Haushaltslöcher stopfen will gelernt sein
Und überhaupt: Um den städtischen Haushalt ist es laut Glunk nicht gut bestellt. Kein Wunder also, dass die erste Aufgabe vom abgesetzten Duo Häusler und Seifried darin bestand, Haushaltslöcher zu stopfen. Dafür gab es allerdings Anerkennung der Narren. „Wenn ihr 95 Prozent der Haushaltslöcher so stopfen werdet, dann muss uns nicht bange sein“, so Glunk.
Und sollte am Ende doch nicht genügend Geld vorhanden sein, dann präsentieren die Narren schon jetzt die Lösung, und zwar in Form einer eigenen Gelddruckmaschine. Den OB freut‘s, munter druckt er Banknote um Banknote aus. Das Problem dabei: die Scheine waren noch in D-Mark.

Die Gemeinderäte teilen aus
Und wäre dieser Hohn und Spott nicht schon genug, so gab es auch noch eine Breitseite aus Reihen des Gemeinderates selbst. Auch hier bekam die Rathausspitze beim Rathaussturm ihr Fett weg. Zwei Fliegen mit einer Klappe will Karin Leyhe-Schröpfer (Grüne) schlagen: Die Lila-Connect-Pleite und die Taubenproblematik. Ihr Vorschlag ist simpel – zurück zur Brieftaube.
Eine Breitseite gibt es von Angelika Berner-Assfalg (CDU): „Hinten und vorne, da fehlt es an Moneten, da kann man eigentlich nur noch beten.“ Das Gute sei allerdings, dass die Scheffelhalle trotz Finanzloch schon gebaut werde. „Das ist Glückseligkeit in der heutigen Zeit, 2025 wird die Halle eingeweiht“, ist sie sich sicher.
Musikalisch wird es beim Auftritt der SPD. Viele Projekte stünden in Singen an, doch die Kohle dafür fehle. Deswegen raten die Sozialdemokraten: „Vielleicht lieber OB mach doch mal folgenden Trick. Und versuch‘ dein Lottoglück. Mit 100 Millionen Euro als Lottogewinn, da wären alle Projekte drin.“

Und wem dies alles zu viel Rathaussturm war, der kann am Ende vielleicht mit folgender Zusammenfassung aus der Singener Lokalredaktion des SÜDKURIER am besten leben (und dabei immer den Takt des Gottmadinger Gerstensack-Liedes im Ohr behalten):

Beim Poppele, der ne Laute hätt,
isch es a de Fasnet nett!
Doch jetzt zieht er mit viel Geschrei,
einfach so ins Rathaus nei.
Ich denk‘ mir nur oh Weh, oh Graus,
den bekommt da keiner naus!
Da sitzt er bald und krallt sich fescht,
und gibt unsre Stadt de Rescht!
De Haushalt, der isch winzig klei,
da passt kei neue Zunftschüür nei!
Ich denk‘ mir nur, wie war des schee
unterm Häusler als OB!
Deswegen sag ichs g‘rade naus,
de Poppele muss wieder raus!
Hoorig, Hoorig, Narretei,
am Mittwoch kommt de Profi rei.

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