Ein Singener Fasnachtshit feiert Geburtstag
Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk singt „Oh blos mer doch in Schueh, wenn d’witt“ besonders gerne während der Bögverbrennung am Schmutzigen Dunschtig. Walter Fröhlich (links vorne im Bild sein Schwarz-Weiß-Porträt) hatte die Mitschunkelhymne anlässlich der närrischen Tage 1959 geschrieben.
Bild: Sabine Tesche
"Oh blos mer doch in Schueh, wenn d'witt" wird 2019 60 Jahre alt
Auf dem Schwarz-Weiß-Bild im Sitzungszimmer der Poppele-Zunft trägt er einen Professoren-Hut. „Damals war ihm von der Uni Konstanz der Ehrentitel Humoris Causa verliehen worden“, erklärt Zunftmeister Stephan Glunk. Gemeint ist ein Mann, der den Singenern unter dem Spitznamen „Wafrö“ in bester Erinnerung ist: Walter Fröhlich – 2013 verstorbener Komponist, Autor und Büttenredner. Statt der viereckigen Kopfbedeckung dürften sie sich eher an jenen Hut erinnern, von dem am Ende nicht mehr als die Krempe übrig war, den Fröhlich als Abschlussredner beim Narrenspiegel aber immer stolz zur Schau trug.
In diesem Jahr gibt es einen besonderen Grund sich an den Vorzeige-Narren zu erinnern. Vor 60 Jahren hatte einer seiner größten Hits Premiere. Beim Narrenspiegel 1959 in der Scheffelhalle wurde „Oh blos mer doch in Schueh, wenn d’witt“ uraufgeführt. Fröhlich, der seine Lieder auf dem Akkordeon komponierte, hatte in jener Zeit einen Lauf. „Anlässlich des ersten Narrenspiegels hatte er 1957 ‚S’goht degege‘ komponiert“, berichtet Stephan Glunk. „Ein Lied, das sogar die Konstanzer in abgewandelter Form zur Fasnacht singen.“ Im Jahr darauf folgte mit „Kon hät Grund zum Bräsele“ der nächste musikalische Kracher. „Oh blos mer doch in Schueh, wenn d’witt“ vervollständigte 1959 das Trio.
Die Strophen kommen verzögert
Vielleicht hatte Fröhlich vor, danach eine kleine Kompositionspause einzulegen. „Er hatte zumindest die Idee, dass man sich jede Fasnacht neue Strophen für ‚Oh blos mer doch‘ ausdenkt“, sagt Glunk. Ob das geklappt hat? Auf den Aufnahmen für eine Poppele-Schallplatte von 1960 sind in den Strophen jedenfalls nur die Instrumente zu hören, gesungen wurde ausschließlich der Refrain. Um diese Lücke zu schließen, bat Glunk Fröhlich, für die Veröffentlichung einer CD im Jahr 1994 zwei neue Strophen zu schreiben. Das tat er – auf sehr persönliche Art und Weise.
Schunkelnd aus der Krise
„Walter Fröhlich war ein nachdenklicher Mensch, der psychische Krisen überwinden musste.“ Vielleicht ist „Oh blos mer doch“ für Stephan Glunk gerade deshalb das Fasnachtslied, das ihn am stärksten bewegt: „Aus dem Text spricht der Wunsch, die Sorgen einfach mal Sorgen sein zu lassen.“
Stephan Glunk kann sich aber auch daran erfreuen, dass sein närrischer Weggefährte auf ganz eigene Weise reimte, zum Beispiel so exotische Wörter wie „wottsch“ und „sottsch.“ Am schönsten ist für den Zunftmeister aber das Gefühl, das ihn stets am Schmutzigen Dunschtig bei der Bögverbrennung packt: Wenn an die 2000 Menschen sich zum Dreivierteltakt von „Oh blos mer doch“ schunkelnd in den Armen liegen – und ihre Sorgen einfach mal Sorgen sein lassen.
Zum Komponisten
Walter Arthur Fröhlich, bekannt als Wafrö, wurde am 9. Januar 1927 in Radolfzell geboren. Er wuchs in Konstanz auf und lebte anschließend mehr als 50 Jahre in Singen. Hier wurde er bekannt als fasnächtlicher Buchautor, Büttenredner und Komponist. Der begabte Akkordeonspieler erhielt zahlreiche Kulturpreise und 1997 das Bundesverdienstkreuz. 2013 starb Walter Fröhlich im Alter von 86 Jahren.
Der Text
Oft denksch doch, isch des Lebe schwer,
Wenn’s nu au klei weng leichter wär,
Wenn’s aber it leichter sei ka,
No singed mir halt vor uns na:
Oh blos mer doch in Schueh, wenn d’witt
Vum Obed bis zum Morge.
Kumm mach in Singe d’Fasnet mit,
wenn d’Geld bruchsch, gang ge borge.
Mon, wenn on „s’goht degege“ seit,
No fühl ich mich ersch frei.
Es moß, wer denn it „Hoorig“ schreit,
En Trubehüter sei,
Es moß, wer denn it „Hoorig“ schreit,
En Trubehüter sei.
Wenn wieder mol verzweifle wotsch,
Weil nimme wosch, wa z’erschte sottsch,
Denn hock de halt einfach weng na,
Und stimm doch des Liedle dir a:
Oh blos mer doch in Schueh…
Quelle: Südkurier, 21.02.2019 von Daniel Schottmüller