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Krankenhaus, Stadtmuseum und Tempo 30: Die Poppele sorgen für Orientierung – oder auch nicht

Quelle: Südkurier Singen, 27.01.2024, Autor: Stephan Freißmann

Singener Fasnachter bringen ihren Narrenspiegel auf die Bühne der Stadthalle und nehmen treffsicher das Stadtgeschehen aufs Korn. Auch Dauerrivale Konstanz kriegt wieder sein Fett weg. So war die Premiere.

Wo goht‘s lang? So lautet das Fasnachtsmotto der Poppele-Zunft für dieses Jahr. Und im Großen und Ganzen passte auch der Narrenspiegel in der Stadthalle unter dieses Motto. Orientierung, das kann man in diesen Zeiten ganz gut brauchen – doch die Narren führten dem Publikum auch vor, dass nicht immer so einfach ist.

Zum Beispiel zum Thema Künstliche Intelligenz. Da verkündete Narrenvadder Peter Kaufmann voller Stolz, er habe nun eine Künstliche Intelligenz gebaut. Die höre auf den Namen Robotine, dargestellt von Christine Kaufmann. Und können kann sie natürlich auch alles.

Da witterte Narrenmodder Ekkehard „Ekke“ Halmer eine fasnachtliche Chance und wollte Robotine den Singener Narrenspruch beibringen. Die fabrizierte jedoch unsinniges Kauderwelsch, steifes Hochdeutsch oder Englisch. Und am Ende stürzte die Maschine auch noch ganz ab, als es darum ging, ein altersgerechtes Programm als Hilfe für die Narrenmodder zu starten. Orientierung? Nun ja.

 Die Imperia will weg aus Konstanz

Imperia, verkörpert von Simon Götz, wusste da schon genauer, was sie will – nämlich weg von Konstanz, um endlich einen Mann zu finden. Als Herzogin Hadwig, die Götz bei seiner Büttenrede im vergangenen Jahr spielte, habe es nicht geklappt, nun wolle Imperia im Hegau ein gestandenes Mannsbild finden.

Rasch kam die Konstanzer Symbolfigur dabei an den Oberbürgermeistern Simon Gröger aus Radolfzell und Bernd Häusler aus Singen vorbei und spießte gekonnt die Diskussion ums geplante neue Kreiskrankenhaus auf. Wenn sie nun einen der „Singemer Baure“ nehme, hätte sie wenigstens im Singener Ipfi weiter ein eigenes Krankenhaus, sinnierte Imperia da.

Doch das war‘s auch schon mit der Orientierung: „Doch pass nu uff, noch stoht des it, bevor dert de erst Patient it liiet, glaubet‘s lieber mal no it!“ Wenn man den Konstanzern glaube, könne man schließlich, wie weiland Jan Hus, auf dem Scheiterhaufen enden.

Und neben Seitenhieben nach Konstanz, in Richtung Bohlingen und in die anderen Hegau-Gemeinden hatte Götz auch noch eine – orientierende – Botschaft für die anstehenden Wahlen dabei: „Wählet mit Hirn und freiheitlichem Verstand! Wählt uff kon Fall die Prolete vum rechte Rand!“ Für seine furiose Büttenrede bekam Götz stürmischen Applaus.

Wie geht‘s zur Autobahn? Nicht so einfach

Autoverkehr ist auch so ein Thema, bei dem Orientierung guttut. Der Poppele-Chor sang dazu: „Wir fahr‘n Tempo 30 hier in Singen„. Und: „Willst du schneller fahren hier in Singen, musst du auf die Autobahn.“ Doch auch das geht nicht so einfach. Denn wie kommt man da hin? Nur per Umweg.

Die Höchstgeschwindigkeit hat auch Stephan Glunk in seinem gewohnt minimalistisch nur mit Gitarre begleiteten Liederblock aufgespießt. Zum ersten Mal würde er dabei ein Lied wiederholen, gestand der Zunftmeister, nämlich eines von vor 25 Jahren – als Singen 100 Jahre Erhebung zur Stadt feierte. Im Rückblick auf die alte Zeit, als Singen die Stadtrechte erhielt, dichtete er: „Und zwanzig Kilometer war Höchstgeschwindigkeit“. Heute ging das Lied so weiter: „Jetzt – 125 Jahre später – simmer wieder genau so weit!“ 

Geheimer Entwurf für das Stadtmuseum

Wo könnte ein Stadtmuseum hin – wenn es denn überhaupt kommt? Die Narrenspiegel-Klassiker Fidele und Nazi – die Abkürzung steht für Ignatius – boten dazu Orientierung. Es komme gegenüber dem bestehenden Museum Art and Cars, bekannt unter der Abkürzung MAC, an die Schaffhauser Straße, verkündete Fidele, dargestellt von Alois „Ali“ Knoblauch, aus einem als „absolut geheim“ eingestuften Entwurf. Der wurde flugs auf die Leinwand projiziert und zeigte einen sehr futuristischen Anbau am bestehenden Gebäude. Die Abkürzung MAC3 stehe dann für Museum am Cityrand, lästerte Knoblauch. Und Nazi, dargestellt von Rüdiger Grundmüller, kam sofort auf die Idee, dort ein Wachsfigurenkabinett mit allerlei lokalen Promis einzurichten.

 Hasch auf der Knöpfleswies? Läuft

Was auf der Knöpfleswies passieren soll, war eines der Themen im Poppele-Friseursalon. Frau Hutschnabel (Silke Hauschild) wusste, was sie will: Ihren Garten in der Knöpfleswies behalten, um dort weiter Kräuter anbauen zu können. Seit das alles legalisiert sei, laufe es richtig gut mit den Kräutern, erzählte sie Friseurin Niki (Nicola Kania) und ihrer Chefin (Sandra Korhummel) – der dann dämmerte, dass ihre Kundin gerade Haschkekse angeboten hat.

Doch der Hauptpunkt der drei Frauen: Da sich niemand mehr anstrengen wolle, könnte es so etwas wie das Wirtschaftswunder heute nicht mehr geben. Die Praktikantin (Katja Halmer) erfüllte das Klischee.

 Mit Problemen anderer Art hatte Babsi Lienhardt zu kämpfen, die als Tourismusmitarbeiterin der Stadt auf der Suche nach neuen Stadtführern war. Alle Kandidaten hatten auf irgendwie andere Art völlig unrealistische Vorstellungen. Da nahm sie lieber den letzten Kandidaten Karle (Dennis Baur), denn: „Sie wissed nix, Sie könned nix, so Leute wie Sie brauche mer.“

 Kein Narrenspiegel ohne Musik und Tanz. Die kamen von drei Tanzgruppen zwischen Kinder- und Erwachsenenalter, die die Poppele-Zunft selbst auf die Bühne brachte. Und von der Percussion-Gruppe der Singener Jugendmusikschule unter der Leitung von Rudi Hein. Abschluss vor dem großen Finale war wieder eine Musik-Nummer der jungen Zünftler, bei der unter anderem Clara Paul auf die Melodie von „Ab in den Süden“ die Einkaufsstadt Singen besang.

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